Die stille Angst, zu viel zu sein – oder nicht zu genügen
- Nina Payer

- 7. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Warum du das Gefühl hast, nicht in diese Welt zu passen und was dein Nervensystem damit zu tun hat.
„Ich bin zu emotional.“ „Ich reagiere zu empfindlich.“ „Ich brauche zu lange für Entscheidungen.“ „Ich komme mit dem Alltag nicht klar, obwohl andere es doch auch schaffen.“ „Ich bin irgendwie... falsch.“
Vielleicht kennst du diese Gedanken. Vielleicht begleiten sie dich schon seit Jahren. Und vielleicht hast du gelernt, gut darin zu sein, sie zu verstecken. Nach außen wirkst du stark, kompetent, freundlich, verantwortungsvoll. Du scheinst alles im Griff zu haben.
Aber innerlich fühlst du dich oft: überfordert, fremd, erschöpft.

„Warum ist für mich immer alles so anstrengend?“
Diese Frage stellen mir viele meiner Klientinnen – nicht einmal, sondern immer wieder. Oft verbunden mit Scham. Als wäre es peinlich, dass andere „das Leben“ scheinbar besser hinkriegen. Aber die Wahrheit ist: Für dich ist es wirklich anstrengender. Und nein, das liegt nicht an mangelnder Belastbarkeit, sondern daran, wie dein Nervensystem Reize verarbeitet.
Wenn dein System anders reagiert als das der anderen
Ob du nun hochsensibel bist, ADHS hast oder dich allgemein als neurodivergent erlebst – dein System filtert Informationen anders. Reize, Stimmungen, Erwartungen, Geräusche, To-dos, Körperempfindungen – all das kommt ungebremster, dichter, schneller an.
Was für andere „normal“ ist, ist für dein System eine Reizflut. Was für andere ein langer Arbeitstag ist, ist für dich ein Nervensystem-Marathon. Was für andere eine harmlose Rückmeldung ist, löst bei dir Selbstzweifel oder Schuldgefühle aus.
Dein Körper ist in ständiger Alarmbereitschaft – nicht, weil du dich anstellst, sondern weil du mehr wahrnimmst, mehr verarbeitest, mehr kompensierst.
Die stille Angst: Bin ich zu viel – oder nicht genug?
Viele Frauen mit einem empfindsamen Nervensystem tragen zwei scheinbar gegensätzliche Ängste in sich:
Die Angst, zu viel zu sein. Zu laut, zu sensibel, zu emotional, zu kompliziert. Ein „Zuviel“, das andere überfordert.
Die Angst, nicht zu genügen. Nicht belastbar genug, nicht schnell genug, nicht stabil genug. Ein „Zuwenig“, das nicht reicht, um dazuzugehören.
Dieses Spannungsfeld ist zermürbend. Und es führt oft zu einem Leben im Funktionieren, statt im echten Kontakt mit sich selbst.
Du bist nicht falsch – dein System ist einfach überfordert
Wenn du ständig das Gefühl hast, „nicht richtig zu sein“, dann liegt das oft nicht an deinem Wesen, sondern an der Umgebung, in der du dich bewegen musst:
Ein Alltag, der auf Schnelligkeit und Dauerverfügbarkeit ausgelegt ist
Arbeitswelten, die Fokus und Reizfilterung verlangen
Soziale Erwartungen, die Anpassung belohnen
Familienrollen, die Fürsorge voraussetzen, auch wenn du selbst schon am Limit bist
Ein sensibles, neurodivergentes Nervensystem ist nicht für diese Dauerreizung gemacht. Es bräuchte mehr Pausen, mehr Klarheit, mehr Dürfen und viel weniger Müssen.
Warum du dich nicht „optimieren“ kannst
Vielleicht hast du schon vieles versucht:
Achtsamkeit, Meditation, Bullet Journals
Coachings, Therapien, Bücher
Strukturpläne, Zeitmanagement, Mindset-Training
Und trotzdem bist du oft erschöpft. Das ist kein Zeichen von Versagen, sondern ein Hinweis darauf, dass dein Nervensystem nicht „mitbedacht“ wurde.
Veränderung entsteht nicht durch Selbstoptimierung, sondern durch Regulation. Durch echte Verbindung mit deinem Körper. Durch das Wissen: Ich bin nicht falsch, ich bin überlastet.
Was hilft: Nervensystemarbeit statt Selbstverurteilung
Wenn du beginnst, deinem Körper zuzuhören, entsteht ein neuer Raum:
→ Du erkennst, wann dein System kippt – bevor du ausbrennst.
→ Du spürst, was du brauchst – statt es zu übergehen.
→ Du darfst deine Intensität behalten – ohne dich zu verlieren.
→ Du hörst auf, dich zu vergleichen – und fängst an, dich zu verstehen.
Du bist nicht für alle Räume gemacht, aber für deine eigenen
Vielleicht bist du in dieser Gesellschaft oft überfordert, weil sie nicht auf dein System ausgelegt ist. Aber das macht dich nicht zu viel. Und auch nicht zu wenig.
Es macht dich zu jemandem, der gelernt hat zu funktionieren, aber jetzt lernen darf, zu leben.
Und das beginnt mit einem ehrlichen Blick: Was brauche ich wirklich und was kann ich loslassen?
Du fragst dich manchmal, ob du einfach „nur hochsensibel“ bist oder ob vielleicht mehr dahintersteckt?
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„Bist du nur hochsensibel – oder steckt mehr dahinter?“
Du erfährst darin, worin sich Hochsensibilität und ADHS ähneln, wie du Unterschiede erkennst und warum es so wichtig ist, dich selbst nicht vorschnell zu pathologisieren, aber auch nicht länger zu überfordern.





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